Feierliche Abschlusszeremonie der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften am Campus Grifflenberg
Am 8. November 2024 feierte die Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften ihre Absolventinnen und Absolventen des Wintersemesters 2023/24 und Sommersemesters 2024 in einer festlichen Zeremonie am Campus Grifflenberg. Rund 450 Gäste, darunter etwa 170 Absolvent*innen, fanden sich im Hörsaal 33 ein, um den erfolgreichen Studienabschluss zu würdigen.
Der Dekan der Fakultät, Prof. Dr. Francesco Knechtli, eröffnete die Feier und begrüßte die Anwesenden. Prof. Dr. Stefan F. Kirsch, Prorektor für Forschung und Digitales, schloss sich den Glückwünschen an und richtete anerkennende und motivierende Worte an die Absolvent*innen. Ein besonderer Höhepunkt war der Festvortrag von Prof. Dr. Mojib Latif, einem renommierten Klimaforscher des Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Unter dem Titel „Klimawandel – ein Lackmustest für die Weisheit der Menschen“ beleuchtete Prof. Latif die fortgeschrittene Entwicklung des Klimawandels und mögliche Lösungsansätze.
Im Rahmen der Feierlichkeiten wurden dreizehn Absolvent*innen für ihre exzellenten Leistungen ausgezeichnet. Die Barmenia-Mathematik-Preise überreichte Herr Christian Ritz, Vorstandsvorsitzende der Barmenia Krankenversicherung AG und Vorstandsmitglied der neu gegründeten BarmeniaGothaer. Den ersten Preis erhielt Bennet Böddecker (Master of Science), ein zweiter ging an Vivien Picard (Master of Science), ein dritter an Renée Lamsfuß (Master of Science) sowie ein weitere dritter an Robert Franz (Master of Science). Über die vier Förderpreise konnten sich Philipp Keldenich, Jan Lorenz, Björn Lorenzen und Jonas Lützenkirchen (alle Bachelor of Science) freuen.
Die Förderpreise des Vereins zur Förderung von Mathematik & Naturwissenschaften e.V. gingen an Florian Vahrenkamp (Bachelor of Applied Science), Nathanael Imming (Bachelor of Art in Biologie), Timo Schön (Master of Education, Lernbereich Mathematisch Grundbildung) und Franziska Schuler (Master of Science in Chemie). Die Verleihung übernahmen Prof. Dr. Fabian Mohr und Prof. Dr. Christian Hölbling.
Eine besondere Ehrung wurde Dr. Marvin Geyik zuteil, der für seine Dissertation im Bereich Physik den Wilhelm und Else Heraeus-Dissertationspreis erhielt. Seine Arbeit mit dem Titel „Search for flavour-changing neutral-current couplings between the top quark and Higgs boson in multilepton final states with the ATLAS experiment“ fand große Anerkennung.
Den Abschluss der Feier bildete ein Sektempfang, der dank der Unterstützung der BarmeniaGothaer Versicherungen ein genussvolles Zusammensein ermöglichte.
Impressionen der Abschlussfeier 2024
Laudationes auf die Preisträger*innen 2024
Barmenia-Mathematikpreis Erster Platz:
Bennet Marlon Böddecker, MSc Mathematik
Betreuer: PD. Dr. Matthias Rottmann
Titel: Probabilistic Label Spreading for Reliable Semi-Automated Image Labeling
Dieses Jahr gab es ein großes Feld von hochtalentierten Master-Absolvent*innen im Bereich Künstliche Intelligenz (kurz: KI), aus dem sich Bennet Böddecker bemerkenswerter Weise abheben konnte. Im Bereich des überwachten Lernens lernt eine KI anhand von Beispielen, Vorhersagen zu treffen. Für diese Beispiele muss die vorherzusagende Größe bereitgestellt werden. Eine konkrete Aufgabe für eine KI ist beispielsweise, für Bilder einzuschätzen, ob darauf ein Auto zu sehen ist oder nicht. Für die Lernphase braucht die KI normalerweise eine Vielzahl an Bildern. Lässt man diese Bilder von Menschen annotieren, so bedeutet dies einen hohen Arbeitsaufwand. Bennet Böddecker hat eine Methode entwickelt und implementiert, mit der man Daten für das überwachte Lernen einer KI teilautomatisiert und dennoch zuverlässig annotieren kann. Für ein aktuelles Forschungsprojekt der Gruppe von Matthias Rottmann, und darüber hinaus, liefert Bennet Böddecker einen starken methodischen Beitrag und durch seine numerischen Experimente wichtige Erkenntnisse.
Barmenia-Mathematikpreis Zweiter Platz:
Vivien Picard, MSc Mathematik
Betreuer: Prof. Dr. Kay Rülling
Titel: Hodge Numbers in Positive Characteristic and Ordinary Varieties
In der algebraischen Geometrie werden Varietäten betrachtet, also Lösungsmengen von polynomialen Gleichungssystemen über einem algebraisch abgeschlossenen Körper. Über den reellen Zahlen können diese als Kurven, Flächen oder höher dimensionalen Mannigfaltigkeiten visualisiert werden. Zur Klassifikation möchte man nicht zwischen zwei Varietäten unterscheiden, die isomorph sind, das heißt, die sich durch algebraische Operationen ineinander überführen lassen. Zu entscheiden, ob zwei gegebene Varietäten nicht isomorph sind, ist im Allgemeinen ein sehr schwieriges Problem, für dessen Beantwortung man sich verschiedener Invarianten bedient. Ein Beispiel solcher Invarianten, sind die aus der Hodge Kohomologie einer projektiven glatten Varietät gewonnen Hodge Zahlen.
Um die Informationen, die in den Hodge Zahlen stecken besser einzuschätzen, ist es wichtig zu wissen, welche Werte sie annehmen können. In einem Artikel aus dem Jahr 2020 zeigen van Dobben de Bruyn und Paulsen aufbauend auf ersten Beispielen von Serre aus den 1950er Jahren, dass, sofern der Grundkörper positive Charakteristik hat, jede Sequenz von Zahlen,die normalisiert ist und eine gewisse aus der Serre Dualität stammende Relation erfüllt, kongruent zu den Hodge Zahlen einer projektiven glatten Varietät modulo einer beliebigen ganzen Zahl ist.
In ihrer Masterarbeit erklärt Frau Picard detailliert den Beweis dieser Aussage von van Dobben de Bruyn und Paulsen, inklusive der Konstruktion der Fläche von Serre, die nicht die Hodge Symmetrie erfüllt und die eine wesentliche Rolle in diesem Beweis spielt. Darüber hinaus führt Frau Picard neue und aufschlussreiche Untersuchungen zu der Frage durch, welche Hodge Zahlen für gewöhnliche Varietäten im Sinne von Bloch-Kato möglich sind. Die Mathematik, die diesen Resultaten zugrunde liegt, ist sehr anspruchsvoll und Frau Picard gelingt es in bemerkenswerter Weise alle benötigten Techniken und Methoden klar und prägnant zu präsentieren. Dabei werden die grundlegende Theorie der Schemata und ein Basiswissen zur Kohomologie kohärenter Garben vorausgesetzt und darauf aufbauend der de Rham Komplex, étale Kohomologie und der Inverse Cartier Operator eingeführt, sowie Aussagen aus der p-linearen Algebra, Bertini Sätze und fortgeschrittene Eigenschaften Abelscher Varietäten in positiver Charakteristik erklärt. Ein gutes Verständnis dieses fortgeschrittenen Stoffes hat sich Frau Picard in kurzer Zeit selbstständig erarbeitet und führt in ihrer Thesis alles souverän und elegant im Beweis des Hauptresultats und in ihren neuen Untersuchungen zu gewöhnlichen Varietäten zusammen. Es ist ein Vergnügen diese eindrucksvolle Arbeit zu lesen, die eine empfehlenswerte Lektüre für jeden ist, der an algebraischer Geometrie in positiver Charakteristik interessiert ist.
Barmenia-Mathematikpreis Geteilter Dritter Platz:
Maja Renée Lamsfuß, MSc Mathematik
Betreuerin: Dr. Julia Sudhoff Santos
Titel: Ordinal Location Problems and Consistent Multiobjective Shortest Paths
Frau Renée Lamsfuß hat sich in ihrer Masterarbeit “Ordinal Location Problems and Consistent Multiobjective Shortest Paths” mit verschiedenen Definitionen für konsistente Wege und deren Berechnung befasst. Standortprobleme auf Graphen ermitteln den Knoten, von dem aus die Summe der kürzesten Wege zu allen anderen Knoten minimal ist. Da ordinale kürzeste Wege Probleme jedoch nicht eindeutig lösbar sind, sondern eine Menge nicht dominierter Wege als Lösung haben, stellt sich die Frage bezüglich welcher Wegauswahl der Standort bestimmt werden soll.
Dabei werden in einem Graphen mit ordinalen Kosten den Kanten geordnete Kategorien, wie sicher, neutral, unsicher, zugeordnet. Ein möglicher Anwendungsfall ist die Berechnung sicherer Wege. Die Wahl von konsistenten Wegen soll dafür sorgen, dass wenn man auf dem Weg zu einem Knoten einmal 1 km unsicheren Weg gegenüber 5 km sicheren Weg bevorzugt, diese Präferenz auch auf allen Teilwegen angewendet wird.
Frau Lamsfuß hat sich in dieses komplexe und neuartige Problem sehr schnell eingearbeitet und einen umfangreichen Algorithmus implementiert. Dieser basiert auf dem kürzlich publizierten multikriteriellen Dijkstra-Algorithmus von de las Casas et al. Dabei hat sie sehr häufig eigenständig Probleme erkannt und Lösungsvorschläge entwickelt. Hervorzuheben sind dabei, dass sie viele herausragende Beispiele und Grafiken zur Visualisierung ihrer Ergebnisse erstellt hat. Insgesamt hat sie einen entscheidenden Beitrag zur aktuellen Forschung geleistet. Wir freuen uns sehr, dass sie als Doktorandin die AG Optimierung verstärkt.
Barmenia-Mathematikpreis Geteilter Dritter Platz:
Paul Robert Franz, MSc Mathematik
Betreuer: Prof. Dr. Jean Ruppenthal
Titel: The Cauchy-Riemann Equations on a Positive Current
Herr Paul Robert Franz hat sich in seiner Masterarbeit mit Differenzialgleichungen auf positiven Strömen beschäftigt. Diese beschreiben analytische Zusammenhänge auf bzw. in Räumen mit ganz unterschiedlichen Strukturen, die als Nebenbedingungen zu berücksichtigen sind. Besonders bemerkenswert ist dabei die vielfältige Anwendbarkeit: Es können etwa Strömungen, Faserungen, Konvexitätsbegriffe, algebraische oder komplex-analytische Strukturen berücksichtigt werden.
Dementsprechend handelt es sich um mathematisch tiefgehende Probleme, deren Behandlung sehr anspruchsvolle Mathematik aus unterschiedlichsten Bereichen wie Komplexe Analysis, Geometrie, Funktionalanalysis oder Algebra erfordert. Herr Franz hat hier eine Masterarbeit auf allerhöchstem Niveau vorgelegt und Wissen an der Front aktueller mathematischer Forschung deutlich besser aufgearbeitet, als dies bisher in der Fachliteratur verfügbar war. Dabei hat er schwierige Lücken geschlossen und subtile Fehler korrigiert. Die Arbeit ist klar auf Promotionsniveau eigenständiger mathematischer Forschung einzuordnen.
Barmenia-Förderpreis:
Jonas Lützenkirchen, BSc Informatik
Betreuer: Dr.-Ing. Kai Gellert
Titel: Evaluierung der Anwendungspotentiale von Secure Multiparty Computation im Gesundheitswesen, insbesondere im Kontext der Risikoabschätzung von Maserninfektionen
Jonas Lützenkirchen konnte sich durch seine herausragende Bachelorarbeit am Lehrstuhl für IT-Sicherheit und Kryptographie abheben. Das Thema seiner Abschlussarbeit ist hochaktuell: Die traditionelle Bewertung des Infektionsrisikos in Gesundheitsämtern ist oft ineffizient, da strenge Datenschutzvorgaben den schnellen Austausch von Daten erschweren. Jonas Lützenkirchen entwickelte einen innovativen Ansatz zur Risikoabschätzung des Infektionsrisikos. Dieser basiert auf modernen kryptographischen Techniken und ermöglicht eine schnelle und zugleich datenschutzkonforme Bewertung von Gesundheitsrisiken. Seine Arbeit verbindet tiefgehendes mathematisches Wissen mit praxisorientierten Lösungen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen.
Barmenia-Förderpreis:
Björn Lorenzen, BSc Informatik
Betreuer: Dr.-Ing. Kai Gellert
Titel: On the Integrity of Outsourced Storage
Björn Lorenzen konnte sich durch seine herausragende Abschlussarbeit am Lehrstuhl für IT-Sicherheit und Kryptographie hervorheben. Er entwickelte ein Sicherheitsmodell für die sichere Auslagerung von Daten und bewies in diesem die Sicherheit eines praxisnahen Protokolls basierend auf Merkle-Bäumen. Diese Arbeit ist von großer praktischer Relevanz, da sie zur Sicherheitsbewertung von weitverbreiteten Backup-Protokollen, wie dem von WhatsApp, beiträgt. Mit seinem tiefen Verständnis komplexer kryptographischer Techniken und seiner Fähigkeit, eigenständig innovative Lösungen zu finden, liefert Björn Lorenzen einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit moderner Kommunikationssysteme.
Barmenia-Förderpreis:
Jan Lorenz, BSc Mathematik
Betreuer*in: Prof. Dr. Michael Günther und Prof. Dr. Birgit Jacob
Titel: Strang Splitting von linearen Port-Hamilton-Systemen
Herr Lorenz beschäftigte sich in seiner Bachelorarbeit mit einem hochaktuellen Thema, der effizienten numerischen Simulation von linearen Port-Hamiltonschen Differentialgleichungssystemen.
Derartige Systeme ergeben sich aus der portbasierten Netzwerkmodellierung, bei der ein physikalisches System aus Teilsystemen zusammengesetzt wird, die durch Energieaustausch miteinander verbunden sind. Die Teilsysteme können verschiedenen physikalischen Bereichen angehören, z. B. elektrischen, mechanischen oder hydraulischen. Die energiebasierte Formulierung ist vorteilhaft, da die physikalischen Eigenschaften, wie z. B. Energieerhaltung und Dissipativitätsungleichung, direkt in der Struktur der Port-Hamiltonian (PH)-Modellgleichungen kodiert sind. Der PH-Charakter wird dabei durch die Kopplung vererbt.
Herr Lorenz hat in seiner Arbeit verschiedene Operator-Splittingansätze für gekoppelte PH-Systeme untersucht, bei denen die rechte Seite der Differentialgleichung in verschiedene Teile aufgespalten wird. Er konnte nachweisen, dass bei Verwendung von diskreten Gradientenverfahren und strukturerhaltendem Splitting die Dissipativitätsungleichung im Diskreten erhalten bleibt. Insbesondere bei skalarer und niedrigdimensionaler Kopplung sind die von Herrn Lorenz vorgeschlagenen Verfahren Standardverfahren in der Effizienz deutlich überlegen.
Besonders bemerkenswert ist es, dass die Resultate seiner Bachelorarbeit bereits in einer wissenschaftlichen A-Level Zeitschrift veröffentlicht wurden.
Jan Lorenz, Tom Zwerschke, Michael Günther, Kevin Schäfers: Operator splitting for coupled linear port-Hamiltonian systems, Applied Mathematics Letters, Volume 160, 2025, 109309 (https://doi.org/10.1016/j.aml.2024.109309).
Barmenia-Förderpreis:
Philipp Keldenich, BSc Mathematik
Betreuer: Prof. Dr. Kay Rülling
Titel: Das Zariski-Kürzungsproblem
Im Jahr 1949 hat Zariski die folgende Frage gestellt: Falls ein Polynomring A[X] in einer Variablen mit Koeffizienten in einem Ring A isomorph zu einem Polynomring in n+1 Variablen mit Koeffizienten in einem algebraisch abgeschlossenen Körper k ist, ist dann bereits A selbst isomorph zu einem Polynomring in n Variablen mit Koeffizienten in k? Erst im Jahr 1972 wurde diese Frage im Fall n=1 positiv beantwortet und 1980 im Fall n=2 durch die kombinierten Arbeiten mehrerer Autoren. Schließlich konnte Gupta in einem viel beachteten im Jahr 2014 erschienen Artikel zeigen, dass in positiver Charakteristik eine von Asanuma studierte k-Algebra ein Gegenbeispiel zur Zariski-Kürzungseigenschaft im Fall n=3 liefert. Später konnte sie auch Gegenbeispiele in positiver Charakteristik für alle größeren n angeben. In den Beweisen, sind die wesentlichen Invarianten, die helfen eine k-Algebra von einem Polynomring zu unterscheiden, die Derksen- und die AK-Invariante, die mithilfe von exponentiellen Abbildungen definiert werden. Die Frage ist immer noch offen in Charakteristik 0.
In seiner Bachlorarbeit erklärt Herr Keldenich den Beweis der positiven Antwort für n =1 und 2 und das oben erwähnte Gegenbeispiel von Gupta für n=3. Die beiden Hauptartikel, auf denen die Arbeit beruht, sind teilweise knapp geschrieben und die Beweise sind raffiniert und anspruchsvoll. Herrn Keldenich gelingt es alle benutzten Methoden, wie etwa wesentliche Eigenschaften exponentieller Abbildungen und deren Homogenisierung, aus verschiedenen Artikeln zusammenzuführen, durch deutlich detailliertere Argumente und hilfreiche Kommentare zu ergänzen und einen sehr schön zu lesenden stimmigen Gesamttext vorzulegen. Darüber hinaus belegt Herr Keldenich, dass er ein sehr gutes Verständnis fortgeschrittener Begriffe der Kommutativen Algebra besitzt. So werden Definitionen und Resultate zu regulären Ringen, der Krull Dimension und dem Tensorprodukt in den Beweisen sicher angewendet und erklärt. Aus eigener Initiative behandelt Herr Keldenich exponentielle Abbildungen allgemeiner als in der Literatur und motiviert am Ende eigene interessante Fragen zur Erforschung der verwendeten Invarianten. Insgesamt ist dies eine ausgezeichnete Bachelorthesis.
Master-Preis des VFMN
Timo Schön, MEd Lernbereich Mathematische Grundbildung
Betreuerin: Prof. Dr. Elke Söbbeke
Titel: Analyse von informellen und heuristischen Strategien beim Problemlösen im Anfangsunterricht
Die Bedeutung des mathematischen Problemlösens ist in der aktuellen didaktischen Diskussion unbestritten. In diesem Zusammenhang wird vielfach auf die eher kalkülorientierten und (zu) wenig problemlösend-strukturorientierten Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler verwiesen. In der mathematikdidaktischen Grundlagenforschung bisher wenig untersucht sind die informellen und formellen Strategien und Kompetenzen des Problemlösens von Grundschulkindern im Anfangsunterricht.
Genau dieses Desiderat adressiert die ausgezeichnete Masterarbeit von Herrn Schön, indem er im Rahmen von interpretativen qualitativen Fallstudien die Nutzung informeller und heuristischer Strategien zum Problemlösen bei Kindern des ersten Schuljahres rekonstruiert und diese beiden Strategiegruppen in ihrer spezifischen Ausprägung vor und nach einer Intervention im Unterricht vergleicht. Die gesamte Studie ist überaus sorgfältig sowie fachkundig geplant und durchgeführt und umfasst neben Prä- und Post-Interviews eine umfangreiche Intervention durch sechs Unterrichtseinheiten (von jeweils 60-90 Minuten), die sich über einen Zeitraum von knapp einem Monat erstreckte.
Die Studie erlaubt eine kompetenzorientierte Sichtweise auf die Entwicklung von Problemlösekompetenzen von Lernenden im Unterricht. Herr Schön zeichnet in seinen sorgsamen Analysen nach, dass die Kinder im Anfangsunterricht neben zunächst intuitiven Methoden des Ausprobierens auch erste Ansätze von Strategienutzungen zeigten. Als zentrale und ermutigende Erkenntnis seiner Arbeit kann festgehalten werden, dass es für den Anfangsunterricht gewinnbringende Möglichkeiten gibt, an das Vorwissen der Kinder anzuknüpfen und erste zunächst noch informelle Herangehensweisen zu tragfähigen Strategien weiterzuentwickeln. Hierbei stellt gerade die Heterogenität der kindlichen Herangehensweisen eine wichtige und produktive Basis dar, da nur so gemeinsam über verschiedene Herangehensweisen, deren Effizienz und Anwendbarkeit nachgedacht werden kann.
Ich freue mich sehr, den diesjährigen Master-Preis des Vereins zur Förderung von Mathematik und Naturwissenschaften e.V. an Herrn Timo Schön zu überreichen, der für seine hervorragende Masterarbeit mit dem Titel „Analyse von informellen und heuristischen Strategien beim Problemlösen im Anfangsunterricht“ ausgezeichnet wird.
Ich gratuliere Herrn Schön sehr herzlich und wünsche Ihm weiterhin viel Erfolg und alles Gute!
Master-Preis des VFMN
Franziska Schuler, MSc Chemie
Betreuer: Dr. Hendrik Kersten
Titel: Nachweis laserinduzierter Depopulation von metastabilen Atomen in Plasmen
In ihrer Arbeit hat sich Frau Schuler der Herausforderung gestellt, einen Teilaspekt der Dynamik von Plasmen zu entschlüsseln und gezielt zu beeinflussen. Plasmen, diese faszinierenden, leuchtenden Gebilde, sind weit mehr als nur ein hübsches Phänomen. Sie sind hochkomplexe Systeme aus Neutralen, Ionen, elektronisch angeregten Teilchen, Elektronen und elektromagnetischer Strahlung, die alle in einer vielschichtigen Weise miteinander wechselwirken.
Frau Schuler hat sich dabei auf einen ganz besonderen Aspekt konzentriert: die sogenannten metastabilen Atome. Diese Atome befinden sich in einem angeregten Zustand, der besonders langlebig ist. Durch wellenlängenaufgelöste Laserstrahlung wollte Frau Schuler diese gezielt in einen energetisch noch höheren Zustand versetzen, von dem aus sie aber unter Emission von Licht in den Grundzustand zurückkehren können. Man kann sich das wie eine Horde Kinder auf dem 5-Meterbrett im Schwimmbad vorstellen, die sich nicht trauen runterzuspringen – sie sind metastabil dort oben gefangen. Frau Schuler zeigte ihnen einen Weg auf das höhere 7-Meterplateau, von dem aus eine tolle Wasserrutsche zurück ins Becken führt.
Das Ziel war ehrgeizig und der experimentelle Weg dorthin nicht einfach. Frau Schuler musste sich mit einer Vielzahl von technischen Herausforderungen auseinandersetzen. Sie entwickelte innovative experimentelle Aufbauten, um die winzigen Signale, die durch die Laserbestrahlung erzeugt wurden, aus dem Rauschen herauszufiltern. Ihre Arbeit war geprägt von einer großen Eigenständigkeit, einer genauen Beobachtungsgabe und der Fähigkeit, Fehlschläge in neue Lösungsansätze zu überführen.
Obwohl der letztendliche Nachweis für die Depopulation über diese Methode noch aussteht, konnte Frau Schuler wertvolle Erkenntnisse gewinnen und den Grundstein für weitere Forschungsarbeiten legen. Ihre Arbeit ist ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig es ist, auch bei Rückschlägen nicht aufzugeben, sondern die gewonnenen Erkenntnisse als Ausgangspunkt für neue Fragestellungen zu nutzen.
Ich danke Frau Schuler sehr für diese tolle Arbeit.
Bachelor-Preis des VFMN
Florian Vahrenkamp, BSc Applied Sciences
Betreuer: apl. Prof. Dr. Michael Karbach
Titel: Das Schwingungsverhalten gekoppelter Massen in gedämpften Systemen
Herr Vahrenkamp hat in seiner Bachelorarbeit das Verhalten gekoppelter mechanischer Systeme unter dem Einfluss von Reibungskräften untersucht. Die Aufgabe umfasste die Modellierung harmonisch gekoppelter Massen mithilfe des Lagrange-Formalismus unter Einbeziehung dissipativer Kräfte, die experimentell bestimmt werden sollten. Die ermittelten Schwingungs- und Dämpfungsparameter sollten anschließend mit theoretischen Werten verglichen werden. Zusätzlich war eine didaktische Reduktion des Experiments für den Unterricht vorgesehen.
Über die ursprüngliche Aufgabenstellung hinaus zeigte Herr Vahrenkamp außerordentliche Initiative. Er entwarf den gesamten Messaufbau und arbeitete eng mit der Feinwerkstatt zusammen, um die Konstruktion zu optimieren. Nach einer Anpassung des ursprünglichen Designs führte er präzise Messungen der Federkonstanten durch, ergänzte diese durch Fehleranalysen und entwickelte Lösungen für die parallele Schaltung der Federn im modifizierten Aufbau. Bei der Untersuchung der Schwingungen nutzte er die App VidAnalysis, für die er sich nach einer Evaluierung verschiedener Methoden entschied. Dissipative Kräfte wurden durch den Lagrange-Formalismus berücksichtigt, und die berechneten Dämpfungskoeffizienten stimmten nahezu vollständig mit den experimentellen Ergebnissen überein. Eine weitere Eigeninitiative zeigte Herr Vahrenkamp durch den Einsatz von Graphit als Gleitmittel zur Untersuchung der Reibungskoeffizienten – eine Aufgabenstellung, die nicht vorgegeben war.
Herr Vahrenkamp hat die gestellte Aufgabe in höchstem Maße eigenständig und mit großer Präzision sowie Liebe zum Detail erfüllt. Seine Arbeit umfasst eine durchdachte Kombination aus theoretischen Berechnungen und experimentellen Methoden, unterstützt durch eigene numerische Lösungen in Python und Matlab. Die umfassende Dokumentation und die Sorgfalt, mit der er das Projekt ausführte, gehen weit über das Niveau üblicher Abschlussarbeiten hinaus. Insgesamt handelt es sich um eine der besten Bachelor-Arbeiten, die ich bisher betreut habe.
Bachelor-Preis des VFMN
Nathanael Imming, BA Biologie
Betreuerin: Prof'in Dr. rer. nat. Gela Preisfeld
Titel: Konzeption und Weiterentwicklung eines außerschulischen Lernangebots für Jugendliche zum Thema Schmetterlinge an der Junior Uni Wuppertal
Herr Imming hat im Rahmen seiner Abschlussarbeit ein schülerorientiertes und fachlich äußerst hochwertiges Kurskonzept für die Junior Uni Wuppertal entwickelt und ausgearbeitet. Dabei überzeugt er durch sein tiefes Engagement und seine Leidenschaft für die Vermittlung von Wissen an außerschulischen Lernorten. Sein Konzept fokussiert sich inhaltlich auf die faszinierende Welt der Schmetterlinge (Lepidoptera) und bietet gleichzeitig eine hervorragende Grundlage, um nachhaltigkeitsrelevante Fragestellungen für Jugendliche greifbar und spannend zu thematisieren.
Herr Immings Planung zielt hierbei in besonderer Weise darauf ab, die Neugier der Teilnehmenden zu wecken und ihr Interesse für die biologische Vielfalt und den Umweltschutz zu fördern. Durch die geschickte Verknüpfung des Themas der Schmetterlinge mit globalen Nachhaltigkeitszielen regt er die Jugendlichen dazu an, sich intensiv mit Fragen der Umweltverantwortung auseinanderzusetzen.
Seine sorgfältige und detaillierte Auswahl sowie die didaktisch durchdachte Aneinanderreihung der Kursinhalte verdienen besonderes Lob. Herr Immings Fähigkeit, komplexe biologische und ökologische Zusammenhänge verständlich und zugleich spannend zu vermitteln, spiegelt sich auch in den von ihm entwickelten digitalen Begleitmaterialien wider. Mithilfe innovativer H5P-gestützter Lernmodule bietet er den Jugendlichen eine interaktive und spielerische Möglichkeit, sich eigenständig mit den Kursinhalten auseinanderzusetzen und diese nachhaltig zu vertiefen. Hierbei wird das selbstregulierte Lernen auf zielführende Art und Weise in den Vordergrund gestellt.
Dank seiner herausragenden fachlichen Expertise und seines didaktischen Geschicks hat Herr Imming maßgeblich dazu beigetragen, dass Jugendliche in einer kreativen und praxisnahen Lernumgebung umwelt- und nachhaltigkeitsrelevante Themen nicht nur kennenlernen, sondern diese auch aktiv und mit Begeisterung erarbeiten. Sein Konzept steht beispielhaft für die erfolgreiche Verbindung von wissenschaftlicher Tiefe und jugendgerechter Wissensvermittlung.
Wilhelm und Else Heraeus Dissertationspreis
Dr. Marvin Emin Geyik
Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Wagner
Titel: Search for flavour-changing neutral-current couplings between the top quark and Higgs boson in multilepton final states with the ATLAS experiment
In seiner Doktorarbeit suchte Herr Geyik in Daten des ATLAS-Detektors nach neuen Formen der Umwandlung verschiedener Typen von Quarks (Flavour) ineinander. Konkret ging es um die Suche nach Zerfällen des Top-Quarks in ein Up-Quark oder ein Charm-Quark und ein Higgs-Boson (t→u+H und t→c+H). Diese Prozesse gehören zu den flavour-ändernden neutralen Strömen und sind in der bestehenden Theorie der Elementarteilchenphysik, dem Standardmodell, extrem stark unterdrückt, so dass ihr Nachweis ein Beweis für neue Physik wäre.
Zum ersten Mal wurde in Herrn Geyiks Arbeit auch die Erzeugung von Top-Quarks durch den umgekehrten Prozess berücksichtigt (Einzel-Top-Quark-Produktion in Assoziation mit einem Top-Quark). Herr Geyik implementierte neue Methoden zur kinematischen Rekonstruktion der Top-Quarks und verbesserte die Sensitivität der Analyse durch den Einsatz künstlicher neuronaler Netze zur Trennung von Signal- und Untergrundereignissen erheblich, so dass seine Suche die beste Sensitivität aller am Large Hadron Collider durchgeführten Analysen aufweist. Evidenz für die gesuchten Prozesse konnte Herr Geyik in den Daten leider nicht finden. Das Standardmodell der Teilchenphysik bleibt damit weiter gültig. Herr Geyik erarbeitete diese fulminanten Ergebnisse in weniger als drei Jahren. Eine außergewöhnliche Leistung!
Bleiben Sie mit uns in Kontakt!
Wir würden uns freuen, wenn Sie als ehemalige Student*innen, Absolvent*innen und Mitarbeiter*innen der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften mit uns in Kontakt bleiben. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel über eine Mitgliedschaft in unserem Verein zur Förderung von Mathematik & Naturwissenschaften e.V.
Treten Sie auch dem Alumni-Netzwerk der Bergischen Universität bei, um weiterhin Neuigkeiten aus der Uni und Einladungen zu interessanten Veranstaltungen zu erhalten.
Verein zur Förderung von Mathematik und Naturwissenschaften e.V.
Bilder: https://www.malte-reiter.de/